Parteitag der SPD Kreis Offenbach: Mehr Demokratie wagen – für Europa!
Fast 130 Delegierte und weitere Mitglieder aus allen 13 SPD-Ortsvereinen des Kreises Offenbach waren am 6. April 2019 nach Mühlheim in die Willy-Brandt-Halle gekommen, um sich anlässlich des Parteitags der SPD Kreis Offenbach (auch) auf die Europawahl einzustimmen. Der Vorsitzende der SPD Kreis Offenbach, Ralf Kunert konnte unter ihnen mehrere bekannte Amtsträger ausmachen – so den Bundestagsabgeordneten Dr. Jens Zimmermann, die ehemalige Bundestagsabgeordnete Uta Zapf, den Kreisbeigeordneten Carsten Müller, den Kreistagsfraktionsvorsitzenden Werner Müller und etliche Bürgermeister, so der Langener Frieder Gebhardt, der Rodgauer Jürgen Hoffmann, der Heusenstammer Halil Öztas und die ehemaligen Bürgermeister Dieter Zimmer (Dreieich) und Jürgen Sieling (Egelsbach).
Der Mühlheimer SPD-Vorsitzende und Gastgeber Percy Herrmann begrüßte die Anwesenden. „Mehr Demokratie wagen“ gelte heute genauso wie vor Jahrzehnten bei Willy Brandt – dessen Name die Halle trägt. Insbesondere im beginnenden Wahlkampf sei dies ein Leitmotiv, welches man den Feinden von Europa und der Demokratie entgegensetzen könne.
Darauf hielt der Vorsitzende Ralf Kunert eine Rede, die zugleich mit einem Ausblick auch das vergangene Jahr Revue passieren ließ. Dass die Landtagswahl ein „Desaster“ geworden sei, daran gebe es nichts zu rütteln. Entsprechende Lehren sollten daraus gezogen werden – auch für die Europawahl.
Werner Müller behielt als Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion den kreisweiten Horizont im Auge. Im letzten Jahr sei die Kreisbevölkerung weiter gewachsen, mittlerweile betrage der Zuwachs mehr als 30.000 Menschen. Und weiter wachse die Anziehungskraft des Kreises – verbunden mit der Kehrseite des Erfolgs, dem notwendigen weiteren Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und dem Ausbau der Schulen. Immerhin nehmen bereits 46 % der hessischen Schüler eine Betreuungsmöglichkeit in Anspruch. Aufgrund der wachsenden Bevölkerung seien die Schulen mehr und mehr ausgelastet – eine Erhöhung der Schulumlage für die Städte und Gemeinden konnte in den Haushaltsberatungen des Kreises nicht umgangen werden.
Auch der Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Zimmermann bereicherte die Veranstaltung mit einer Rede – diesmal ergänzt um den bundespolitischen Beitrag. Dr. Jens Zimmermann ist mittlerweile als Sprecher der zwölf hessischen Bundestagsmitglieder nicht mehr aus dem bundespolitischen Parkett hinweg zu denken. Er sprach mehrere Aspekte an – die zukunftsweisende Ebene des Digitalpaktes (der Bund gebe den Ländern 5 Mrd. €, wovon auf Hessen allerdings nur 372 Mio. € entfielen), die Grundrente als Anerkennung einer Lebensleistung und das neue Sozialstaatspapier der SPD. Dieses enthalte auch eine Berücksichtigung der Änderung der Arbeitswelt – bedingt u.a. durch die so genannte Industrie 4.0, also die Digitalisierung nicht nur des produzierenden Gewerbes. Daher käme es insbesondere auf den nicht genug herausgearbeiteten Aspekt des Förderns an – denn die neue (Industrie-)Welt erfordere neue Qualifikationen. So sei das Arbeitslosengeld „Q“ (für Qualifikation) genau die richtige Modifizierung, um Arbeitslosen auch aus beinahe ausgestorbenen Berufszweigen (etwa aus dem Bergbau oder der Drucker und Setzer) neue Möglichkeiten zu eröffnen. Was die Ausstattung der Länder anbelangt, so gebe es 10 Mrd. € aus dem Länderfinanzausgleich zusätzlich. Tagespolitisch auf dem neuesten Stand erklärte Dr. Jens Zimmermann auch die Ablehnung der Vizepräsidentenkandidaten der AfD in Land und Bund – es gebe keine Verpflichtung der Abgeordneten, die Kandidaten zu wählen.
Schließlich trat die Kandidatin der SPD Kreis Offenbach für die Europawahl, Anna Kristina Tanev ans Redepult. Sie warb für ein soziales Europa, dessen Konkretisierung sich u.a. in einem europäischen Mindestlohn – am Bruttosozialprodukt des Landes bemessen – äußern sollte. Weiterhin sollte es eine europäische Sozialversicherung geben. Es gebe ein Grundrecht auf sauberes Wasser, Wohnen und Bildung – und dieses verdiene eine stärkere europäische Förderung. Europa fördere den Frieden – deswegen sei jede europafeindliche Bewegung gleichzeitig ein Risiko. Natürlich sei sie auch gegen den Brexit. Die „fridays for future“-Demonstrationen befürworte sie auch als Lehrerin.
Von den Anträgen der Ortsvereine oder der AG 60 plus im Kreis Offenbach fanden nicht alle die ungeteilte Zustimmung der Delegierten. So lehnten sie etwa einen Antrag auf die lediglich tagsüber anzuordnende Tempolimitierung auf 130 km/h auf den Autobahnen mehrheitlich ab. Erfolgreich war dagegen ein Antrag auf die Urwahl des Kanzlerkandidaten bzw. der Kanzlerkandidatin durch die SPD-Mitglieder – schließlich haben sie auch schon über den Koalitionsvertrag abstimmen können. Zwei durch den Parteitag mehrheitlich befürwortete Anträge auf die Abschaffung der Körperlängevorschriften bei der hessischen Polizei wie bei der Bundeswehr rundeten den Teil der Antragsberatungen und -abstimmungen ab.
Gegen 13 Uhr konnte ein arbeitsreicher Vormittag für die Delegierten der SPD-Ortsvereine im Kreis Offenbach durch den Vorsitzenden Ralf Kunert abgeschlossen werden. Die mehr als 130 Mitglieder machten sich heim in ihre Ortsvereine, mit neuem Elan für den Europawahlkampf.