Anträge zum UB-Parteitag

Kommunaler Schutzschirm

Sachverhalt/Begründung:
Das Land Hessen plant zur Entschuldung bedürftiger Kommunen einen Entschuldungsfonds aufzulegen. Mit dem Fonds soll den hessischen Kommunen eine partielle Entschuldungshilfe nach dem Bedürftigkeitsprinzip zu Teil werden. Nach derzeitigem Sachstand werden zu diesem Zweck 3,2 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt werden.
 
Zunächst soll geprüft werden, welche Kommunen für die Inanspruchnahme des sogenannten Schutzschirms in Frage kommen. Dazu werden im ersten Schritt die konsolidierungs-bedürftigen Kommunen ermittelt, um dann im zweiten Schritt die Aufteilung der Schutzschirmmittel festlegen zu können.
 
Bei der Ermittlung der Konsolidierungsbedürftigkeit werden das Niveau der Kassenkredite in den Jahren 2009 und 2010 sowie das ordentliche Ergebnis des Ergebnishaushaltes der Jahre 2005 bis 2009 zu Grund gelegt.

Die Kommunen können den Schutzschirm in Anspruch nehmen, wenn entweder

  • die Kassenkredite der Jahre 2009/2010 größer als 1.000 € je Einwohner
  • das ordentliche Ergebnis im Mittel der Jahre 2005 bis 2009 schlechter als 200 Euro je Einwohner
  • die Kassenkredite von mehr als 470 Euro je Einwohner für die Jahre 2009/2010 und ein negatives ordentliches Ergebnis im Mittel der Jahre 2005 bis 2009 vorliegt.

Der insgesamt für den Schutzschirm zur Verfügung stehende Betrag wird nach einem vom Land definierten Verteilungsschlüssel auf die konsolidierungsbedürftigen Landkreise, Städte und Gemeinden verteilt.

Das Hessische Ministerium der Finanzen weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass sowohl die Auswahlkriterien zur Ermittlung der Bedürftigkeit, als auch die Höhe der errechneten Beträge unter dem Vorbehalt der Überprüfung stehen. Diese soll in den nächsten Wochen und Monaten erfolgen. Das Gesetz für den Schutzschirm soll noch im Jahr 2012 verabschiedet werden.
 
Darüber hinaus sollen die Mittel aus dem Schutzschirm zur Darlehenstilgung und als Zinsdiensthilfe (hier 200 Mio. € der 3,2 Mrd. €) verwandt werden. Dabei können sowohl Darlehen für Investitionen, als auch Kassenkredite abgelöst werden.
 
Bei den Krediten für Investitionen kommen wohl nur solche in Frage, die im Zeitraum 2013 bis 2016 zur Umschuldung anstehen. Darlehen der kommunalen Eigenbetriebe bzw. Städtischer Gesellschaften sind nach derzeitigem Regelungsentwurf ausgeschlossen.

Das Land wird die Darlehen in Form eines Fonds übernehmen und über einen Zeitraum von 30 Jahren tilgen. Zusätzlich sollen die Kommunen eine Zinsdiensthilfe in Höhe von 1 Prozent erhalten.

Weiterhin kann offenbar auf Antrag eine Zinsdiensthilfe aus dem Landesausgleichsstock, in Höhe von 1 Prozent, in den Jahren 1 - 15 und 0,5 Prozent in den Jahren 16 - 30 gewährt werden.
 
Bei den Kassenkrediten gelten wohl ähnliche Bedingungen. Das Land würde die Kassenkredite übernehmen und die gleichen Zinsdiensthilfen wie bei den Investitionskrediten anbieten. Das Land Hessen selber wird die Darlehen zu ungefähr 3 Prozent Zinsen aufnehmen. Derzeit finden wir ein Zinsniveau für Kassenkredite von 0,8 Prozent vor. Der Unterschied entsteht aus der vom Land übernommenen Zinssicherung.
 
Die als konsolidierungsbedürftig ermittelten Kommunen sollen eigenverantwortlich über die Inanspruchnahme von Entschuldungshilfen entscheiden. Diese Entscheidung obliegt als wichtige Angelegenheit der jeweiligen Stadtverordnetenversammlung (§ 9 Absatz 1 Satz 2 HGO).
 
Der Gesetzentwurf sieht die Empfehlung vor, die Entscheidung der jeweiligen Stadtverordnetenversammlung über die Teilnahme am Schutzschirm, regelmäßig mit zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder zu treffen, zwingend aber mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl ihrer Mitglieder.
 
Ziel des kommunalen Schutzschirms soll die Wiederherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit in den konsolidierungsbedürftigen Gemeinden/Städten sein. Durch sofortige partielle Entschuldung und Zinshilfen und somit sinkende Zinsaufwendungen, soll es ermöglicht werden, die Haushalte im ordentlichen Ergebnis wieder ausgleichen zu können. Als Gegenleistung für die Inanspruchnahme der Landesmittel müssten sich die Kommunen strengen Konsolidierungsbemühungen unterwerfen.
 
Die Kombination aus Landeshilfe und eigenen Konsolidierungsanstrengungen soll den baldigen Haushaltsausgleich ermöglichen. Zur Zielerreichung sind Vereinbarungen mit dem Land Hessen zu schließen, die das Ziel des Haushaltsausgleichs in sogenannten Abbauschritten beschreiben. Ein einzelner Abbauschritt stellt den Zeitraum von einem Jahr dar, für den ein konkreter Konsolidierungsbetrag zu benennen und zu vereinbaren ist. Das Land Hessen geht derzeit davon aus, dass der gesamte Abbauzeitraum maximal fünf bis sechs Jahre betragen darf, aber spätestens 2020, der Ergebnishaushalt ausgeglichen sein muss.
 
Die Kommunen sollen in der Wahl ihrer Konsolidierungsmittel vollkommen frei sein. Das Land wird als Hilfe einen Katalog mit möglichen Maßnahmen zur Verfügung stellen. Sollten die Konsolidierungsmaßnahmen eines Abbauschritts ihre Wirkung nicht oder nicht vollumfänglich erzielen, so muss die Kommune nachsteuern und sich erneut mit dem Land Hessen vereinbaren. Sofern das Ziel des Abbauschritts auch dann nicht erreicht wird, sind die Kommunalaufsichten gehalten, strenge Zwangsmaßnahmen zu ergreifen. Über Art und Umfang der Zwangsmaßnahmen wird im Gesetzentwurf bisher weitere Aussage getroffen.
 
Nach der Hessischen Gemeindeordnung kämen in der Reihenfolge ihrer Ausprägung folgende Maßnahmen in Frage:

  • Beanstandung
  • Anweisung
  • Ersatzvornahme
  • Bestellung eines Beauftragten und
  • die Auflösung der Gemeindevertretung (§§ 138 bis 141a HGO)


Zusammen gefasst hört sich ein Rettungsschirm in Höhe von 3,2 Mrd. Euro erst einmal gut an. Es ist aber leider eben nur die halbe Wahrheit. Die mit dem Rettungsschirm vorgesehenen Auflagen würden, wie oben beschrieben, in vielen Kommunen zur Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung führen. Verkäufe von kommunalem Eigentum, die Reduzierung der Verwaltung auf Pflichtaufgaben und die Schließung von Einrichtungen wären vielerorts zwangsläufige Folgen. Dies gilt es zu verhindern.
Zudem wird der eingerichtete Schutzschirm von den Kommunen selbst üppig bezahlt. Tatsächlich entzieht die Hessische Landesregierung den Kommunen ab dem Jahr 2011 jährlich rund 344 Millionen Euro. Rechnet man diese Summe auf eine 40-jährige Tilgungszeit hoch, kommt man auf einen Entzug von 14 Mrd. Euro in den Kommunen für diesen Gesamtzeitraum. An dieser Rechnung wird das ganze Betrugsmanöver der Hessischen Landesregierung deutlich.

Die Probleme der Kommunen werden dadurch keinesfalls in ihrem Sinne gelöst, sondern eher größer. Die tatsächlichen finanzpolitischen Probleme und strukturellen Defizite werden damit vielerorts nicht beseitigt. Daran ändert dieser Rettungsschirm rein gar nichts.

Die Landesregierung lässt die Kommunen mit ihrer unverantwortlichen Entscheidung im Regen stehen. Nicht wirklich verwunderlich ist es daher, dass das Präsidium des Hessischen Landkreistags den Rettungsschirm einstimmig abgelehnt hat.

Der vorgestellte Rettungsschirm bietet darüber hinaus nur einem Viertel der hessischen Kommunen überhaupt Schutz. Das ist nicht tolerierbar.
 
Beschlussvorschlag:
Der SPD-Unterbezirksparteitag möge beschließen: Der SPD-Unterbezirksparteitag lehnt die bisher bekannt gewordene Grundlage des kommunalen Rettungsschirms (Entschuldungsfond) ab und fordert eine deutliche Verbesserung der kommunalen Finanzsituation durch die Rücknahme der Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich von ca. 340 Mio Euro pro Jahr.

Der SPD-Unterbezirk des Kreises Offenbach wird aufgefordert, alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten zu initiieren bzw. zu prüfen, die eine Umsetzung dieses Gesetzentwurfes nicht Wirklichkeit werden lassen.

Die SPD-Landtagsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass eine Verbesserung der Bedingungen erreicht wird. Insbesondere muss gegen eine Ausgrenzung der Eigenbetriebe/städtischen Gesellschaften interveniert werden.